Weniger Verbote, mehr Aufklärung: Wie verhindert die richtige Haltung positive Listen?

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Die Aquaristik-Community wird von den Plänen der EU zur Einführung sogenannter Positivlisten erschüttert. Diese würden die Haltung und den Import nur der Arten erlauben, die ausdrücklich aufgeführt sind, was bei den Züchtern Wellen der Besorgnis auslöst. Wir haben an einem Fachvortrag teilgenommen, der sich mit den realen Auswirkungen der Listen und verwandten Themen befasste: von den neuen IUCN-Beschlüssen zur Tiertransport und der Erweiterung der Liste invasiver Arten bis hin zu den ethischen Problemen extremer Züchtung von Zierfischen. Eine grundlegende Herausforderung für Vereine und Züchter besteht darin, Verantwortung zu übernehmen und eine informierte, ethische und nachhaltige Zucht zu gewährleisten, was der beste Schutz gegen strenge Vorschriften ist.

Bericht über Vortrag von Dr. Martin Singheiser BNA e. V. - Bundesverband für fachgerechten Natur-, Tier- und Artenschutz e. V. am 22.10.2025 beim DCG (Deutsche Cichliden Gesellschaft e. V. ) Online-Cichliden-Stammtisch.

Einleitung

In aquaristischen und nicht nur aquaristischen Kreisen wird relativ häufig über die bevorstehende Einführung von Positivlisten gesprochen. Zur Präzisierung kurz: Nur die Tiere, die auf diesen Listen aufgeführt sind, dürfen gehalten und gezüchtet werden. Bislang gelten Negativlisten, die im Gegensatz dazu Arten angeben, deren Haltung verboten ist.

Die meisten Züchter sind von den Informationen zu Positivlisten eher verunsichert. Einige beginnen sich aufzuregen und fragen nach dem Sinn solcher Schritte. Oft geschieht dies mit dem Hinweis, dass in der EU nicht gewusst wird, was man tut, und dass es sich um unwesentliche Dinge handelt. Eine andere Reaktion ist die völlige Ignoranz gegenüber der Vorbereitung von Positivlisten, da es ebenso wenig wahrscheinlich ist, dass sie in absehbarer Zeit abgeschlossen und in Kraft gesetzt werden.

Nach der Veröffentlichung des Plakats für den Vortrag über Positivlisten wurde die Redaktion gelegentlich kontaktiert und aufgefordert, dass „etwas getan werden müsse, dass dies nicht möglich sei“. Dann fragten wir jedoch beispielsweise einen erfahrenen Aquarianer, wer in dieser Hinsicht für die Tschechische Republik etwas unternehmen sollte, und die Antwort lautete: „Heute niemand mehr.“

Wie es bei DCG-Vorträgen üblich ist, war auch diese Präsentation sehr informativ, offen und es wurden tatsächlich Themen und Fragen angesprochen, die sich vermutlich die meisten Aquarianer stellen, die an dieser Problematik interessiert sind.

Positivliste

Grundsätze und Folgen der Einführung

Es sollen nur Tiere auf eine Positivliste kommen, bei denen eine wissenschaftliche Dokumentation über die notwendige Haltung (Nahrung, Vermehrung, Zucht) vorliegt.

Nahrung, Vermehrung, Zucht. Da dies bei Fischen nur sehr eingeschränkt verfügbar ist, könnte ein Totalverbot (also die Entfernung aller Zierfische) aus der Positivliste drohen!

Die Absicht der Tierrechtsorganisation und deren Endziel ist es, die gesamte Tierhaltung und -nutzung grundsätzlich zu verbieten!

Rolle von Organisationen und Herausforderungen in der Gesetzgebung

Es müssen sich so viele Aquarianer, aber auch andere Tierhalter, zusammenschließen und mit entsprechenden Organisationen wie z.B. dem BNA e. V. daran arbeiten, dass diese Regelung, die teilweise unsinnig, sehr schwammig und sogar falsch sind, nicht kommen dürfen.

Der BNA e.V: leistet hier eine sehr gute politische Arbeit, aber ohne eine starke Stimme (viele Tierhalter) wird es sehr schwierig werden.

Die DCG ist Mitglied beim BNA e.V., damit wird der BNA e. V. durch jedes DCG-Mitglied unterstützt. Die Positivliste sollte im Rahmen der EU, gegebenenfalls global, angewendet werden.

Das Bestreben zielt darauf ab, eine Liste von Tieren zu erstellen, die gehalten, verkauft und importiert werden dürfen. Alle anderen Arten, die nicht auf der Liste stehen, wären somit automatisch verboten.

Positivliste sollte im Rahmen der EU, gegebenenfalls global, angewendet werden. Es ist eigentlich logisch, Europa ist ein großes Ziel für den Import, dient aber auch als Transitort für den Transport in andere Länder/Kontinente. 

Probleme mit Positivlisten in der Praxis

Es ist auch noch nicht eindeutig geregelt, was passiert, wenn neue Arten entdeckt werden? Da diese ja nicht auf der Positivliste stünden, dürften die nicht gefangen, transportiert und importiert werden! Eine wissenschaftliche Beschreibung dieser Arten würde ja noch nicht existieren! Die Erforschung neuer Arten wäre extrem schwierig bis unmöglich und mit sehr hohen Verwaltungshürden belegt. Änderungen oder Erweiterung einer solchen Positivliste dürfe extrem aufwendig werden und evtl. sogar Jahre dauern. 

Eine ja schon in vielen EU-Ländern existierende Negativliste ist bewährt und wesentlich einfacher zu handhaben.  

Begründung und zeitlicher Horizont der Umsetzung

Die Gründe für die Einführung von Positivlisten lassen sich kurz zusammenfassen:

  • Schutz der Tiere
  • Schutz der Arten
  • Bekämpfung invasiver Arten
  • Schutz der menschlichen Gesundheit (Zoonosen)

Sollten Positivlisten nicht direkt eingeführt werden, wird ihre Umsetzung durch indirekte Regelungen oder andere Gesetze in Betracht gezogen. Derzeit ist der Zeitpunkt für die Realisierung schwer abzuschätzen. Der Vortragende schätzt 3 bis 7 (bis zu 9) Jahre, allerdings könnte die Umsetzung in dieser Form auch ganz ausbleiben. 

IUCN - Beschluss zur Tiertransporten 

Da am 9. und 15. Oktober der Weltkongress für Naturschutz der IUCN (World Conservation Congress) in Abu Dhabi stattfand, konnte der Vortragende nicht anders als Beschluss Nr. 108 zu erwähnen.

Dieser Beschluss ist eine Reaktion auf den unkontrolliert wachsenden Handel mit Wildtieren als Haustieren. Es handelt sich um einen Beschluss, der primär terrestrische Tiere betrifft.

Aquatische Tiere sind jedoch nur scheinbar nicht betroffen. Absatz 4 definiert, wie lebende Tiere transportiert werden sollen. Konkret werden folgende Punkte erwähnt:

  • Transportmethode: Der Transport von Tieren oder ihre Handhabung darf nicht auf eine Weise durchgeführt werden, die den Tieren wahrscheinlich Verletzungen oder unnötiges Leiden zufügt.
  • Transportfähigkeit: Tiere müssen für die beabsichtigte Reise geeignet sein (z.B. dürfen sie nicht krank, verletzt oder sehr jung sein, es sei denn, besondere Bedingungen sind erfüllt).
  • Reise ohne Verzögerung: Der Transport zum Bestimmungsort muss ohne unnötige Verzögerung erfolgen und das Wohlbefinden der Tiere muss während der Reise regelmäßig kontrolliert werden.
  • Wasserqualität: Aquarientiere müssen über ausreichende Mengen an qualitativ hochwertigem Wasser verfügen.

Derzeit arbeitet die IUCN an der Erstellung von Richtlinien, und die Erwartung für Deutschland ist, dass diese in rechtlich verbindliche Gesetze innerhalb eines oder mehrerer Jahre umgesetzt werden.

Invasive Arten

Es handelt sich um Arten, die in dem Gebiet nicht heimisch sind. Sollte es zu ihrem Entweichen oder absichtlichen Aussetzen in der Natur kommen, können sie die heimischen Ökosysteme gefährden. 

Der Vortragende erwähnte auch, dass die Liste invasiver Arten sich derzeit zunehmend erweitert, die bereits nicht mehr transportiert, gezüchtet und gehalten werden dürfen.

Neu wurden diese Arten im Jahr 2025 zu dieser Liste hinzugefügt:
Cherax destructor
Cipangopaludina chinensis
Faxonius immunis
Marisa cornuarietis
Misgurus anguillicaudatus
Misgurnus bipartitus
Mulinia lateralis

Mindestanforderungen für die Fischzucht

Des Weiteren definiert BMEL - Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft) in Deutschland, was die Mindestanforderungen für die Haltung von Tieren sind.

Es handelt sich um umfassende Informationen, die die Bedingungen für Süßwasserfische im Allgemeinen, aber auch für konkrete Arten einzeln, genau definieren.

Einige davon sollten auch Aquarianern in der Tschechischen Republik offensichtlich sein.Ein Beispiel hierfür ist die ungeeignete Haltung von Fischen in kleinen runden Behältern oder die falsche Art der Tötung von Fischen, z.B. durch das Herunterspülen in die Toilette. Obwohl viele behaupten könnten, dass dies offensichtlich ist, wurde erst in diesem Jahr von einigen Züchtern in der Tschechischen Republik bekannt, dass sie Fische auf diese Weise töten.

Qualzucht von Tieren

Wenn es zu absichtlicher ungeeigneter Zucht von Tieren kommt, die zur Folge hat, dass die Tiere:

  • unter Schmerzen, Qualen oder Verletzungen leiden
  • nicht in der Lage sind, sich natürlich zu bewegen oder zu züchten
  • eine verkürzte Lebensdauer oder schwerwiegende Gesundheitsprobleme haben (z.B. Knochenverformungen, Atemprobleme, Seh- oder Fortpflanzungsprobleme)

Es handelt sich um eine strafbare Handlung. Auch wenn es sich um Züchtungen im Allgemeinen und im weiteren Sinne handelt, bezieht es sich direkt auch auf Zierfische. Beispiele, an die sich der Teilnehmer des Vortrags sofort erinnern konnte, sind extreme Körperformen von Goldfischen (z.B. die sogenannte "Bubble eye"), Kampffische und deren super lange Flossen, die sie fast am Bewegen hindern, sowie andere Beispiele.

Verantwortung:
Züchter: Diejenigen, die solche Fische gezielt züchten und vermehren und damit bewusst Leiden produzieren.
Händler: Diejenigen, die diese Fische verkaufen und "bewusst das lang anhaltende Leiden ignorieren".
Aussteller oder Richter: Diejenigen, die diese extremen Fischformen auf Ausstellungen prämieren und damit weitere Züchtungen unterstützen und legitimieren, die zu Quälerei führen.

Vereinfacht gesagt, wenn ein Züchter oder Verkäufer von Zierfischen Individuen mit nachweislichen Problemen verkauft und sich dessen bewusst ist, kann er gemäß diesem rechtlichen Prinzip in Deutschland wegen vorsätzlicher oder fahrlässiger Verletzung des Tierschutzgesetzes verfolgt werden.

Zusammenfassung und Diskussion

Ich fand die Diskussion während und nach dem Vortrag sehr ansprechend. Es wurde auch angesprochen, wie sichergestellt werden kann, dass die Aquarienzüchter informiert sind und vor allem die Verfahren für die richtige und nachhaltige Zucht einhalten.

Obwohl in Deutschland gemäß dem deutschen Tierschutzgesetz (Tierschutzgesetz, abgekürzt TierSchG) eine Strafe von bis zu 3 Jahren Freiheitsentzug oder eine Geldstrafe möglich ist, wird eine solche Handlung im Falle der Zucht von Aquarientieren oft schwer nachweisbar und durchsetzbar sein.

Was wirklich wichtig ist, ist sicherzustellen, dass Züchter sich darüber im Klaren sind, wie sie sich richtig um die Arten kümmern, die sie halten.

Rolle der Vereine

Da der Fischverkauf häufig in Aquaristik-Geschäften und Zoofachhandelsketten stattfindet, ist es wünschenswert, dass diese Unternehmen auf ihren Webseiten über die Mindestanforderungen an die Tierhaltung informieren. Da diese Anforderung jedoch nur schwer durchsetzbar ist und es unwahrscheinlich ist, dass sowohl die Veröffentlichung von Informationen als auch die Schulung des Personals sichergestellt werden kann, bietet es sich an, die Rolle der aquaristischen Vereine zu prüfen und zu stärken.

Vereine sollten Aquarianer zur Verantwortung ziehen. Es wurde auch diskutiert, wie Vereine, die etwa 50.000 Aquarianer umfassen, die Zucht im Allgemeinen beeinflussen können, da die Gesamtzahl der Aquarianer in Deutschland etwa 3 Millionen beträgt. 

Es ist besser, zumindest 50.000 engagierte Menschen zu haben, die die Aquaristik korrekt betreiben, als niemanden!

Der Vortragende betonte, dass es notwendig ist, dass die Zuchten der Aquarianer dokumentiert werden und ein Überblick über die Nachzuchten verfügbar ist. Das würde es ermöglichen, besser gegen die Einführung von Positivlisten zu argumentieren. Zum Beispiel würde eine nur alle drei Jahre aktualisierte Statistik sehr hilfreich für die Argumentation sein als gar keine.

Es wäre großartig, wenn neben den aquaristischen Vereinen auch Influencer und Medien sich ihrer Verantwortung für die Notwendigkeit einer nachhaltigen Zucht bewusst werden und helfen würden, Informationen zu verbreiten, die jeder, nicht nur Aquarianer, wissen sollte.

Ein großer Wunsch wäre, dass alle engagierten Tierhalter (Fische, Katzen, Hunde, Vögel, Reptilien usw.) zusammen arbeiten und gegen eine geplante EU-Positivliste arbeiten sollten. Da hätte man dann zusammen eine wesentlich größere und gewichtigere politische Stimme.

 

Verfasst von: Manfred Dietz und Linda Vlachova

Veröffentlicht: 23. Okt. 2025
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